Und unsere Schritte…
Und unsere Schritte sind stolpernd und kurz, hängt das Kind müde an meiner Hand. Unser Blinzeln in das Strahlen der Kammer. Blinde Flecken brennen auf die Netzhaut, Elektroden ziehen uns hinein, greifen nach den Haaren, Kurven flammen auf vor dem Weiß der Wände. Eine Träne des Kindes, in die Bewegungslosigkeit fallend, bohren sich Tentakel unter die Haare und unter den Haaren ist schwarz und Untertage.
Jetzt ist es fort, sagt das Weiß des Kittels vor dem Schwarz des Bildschirms. Wo ist fort, meine Frage im Surren der Apparate, weiß keiner, wo das ist, misst ein EEG keine Gedanken, höre ich Stimmen, aber verstehe nur das Salz auf den Wangen des Kindes und die Haltlosigkeit meiner Arme in dem Sehnen nach Grau.
Atmet uns die Kammer wieder aus, wird das Kind zur Diagnose und die Finger des Wegseins greifen nach unseren Schritten. Das Weiß der Kittel gepresst in kleines rundes Gift mitten auf unseren Wegen für alle Zeit, hängt das Kind müde an meiner Hand, das Salz auf der Haut, hin zum Grau, sind unsere Schritte stolpernd und kurz.
(aus: Federwelt 2014)
Sie
Geronnene Milch verströmt einen säuerlichen Geruch. Halbtrockene Brötchen liegen neben der Brotschneidemaschine. Er sitzt wie immer auf seinem Sessel. Mit den abgewetzten Armlehnen. Das Kopfteil speckig. Unter dem angestaubten Kruzifix. Alles ist noch genau dort, wo es immer war. Nichts hat sich verändert. Nur ihre Koffer fehlen.
(TWS 09/10/ Die Haltbarkeit des Glücks)
Und unsere Schritte II
Putlitzer Preis 2018